Psychotherapie – bringt das denn was?
Vor dem Entschluss, eine Psychotherapie zu beginnen, tauchen immer wieder Fragen auf. Das liegt u.a. auch daran, dass gerade im Zusammenhang mit seelischen Erkrankungen falsche Vorstellungen und auch Vorurteile herumgeistern.
Ich habe daher häufig gestellte Fragen hier zusammengefasst. Sollten Sie weitere Fragen haben oder sich über die Möglichkeiten der Psychotherapie in Ihrem ganz besonderen individuellen Fall informieren wollen, so nehmen Sie bitte Kontakt mit mir auf.
Was ist Psychotherapie?
Alle Psychotherapiemethoden haben eines gemeinsam: sie helfen Menschen in akuter oder chronischer Erschöpfung, bei belastenden Lebensereignissen, sich immer wiederholenden mitmenschlichen Konflikten, bei Depression, Ängsten und sog. Persönlichkeitsstörungen, also bei jeder Form seelischer Not, aber auch bei den psychosomatischen Erkrankungen, bei denen körperliche Symptome seelische Ursachen oder seelische Auswirkungen haben
Wer ist eigentlich Psychotherapeut?
Der Beruf des Psychotherapeuten ist nicht geschützt. Jeder, der Menschen mit psychotherapeutischen Methoden helfen und behandeln möchte, darf dies tun und darf sich daher auch Psychotherapeut nennen. Allerdings können nicht alle Psychotherapeuten mit den Krankenkassen abrechnen, d.h. die Patienten müssen die Behandlung oft selbst bezahlen.
In Deutschland gibt es für die Psychotherapie sog. Richtlinien, in denen nur drei Methoden als wirksam und von den Krankenkassen als erstattungsfähig anerkannt werden: die Psychoanalyse, die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und die (kognitive) Verhaltenstherapie.
Diese Therapiemethoden können von unterschiedlichen Berufsgruppen ausgeübt werden, wobei jede Methode eine mehrjährige fundierte Ausbildung bei ganz bestimmten zugelassenen Ausbildungsinstituten voraus setzt, um von den Krankenkassen und den kassenärztlichen Vereinigungen anerkannt zu sein. In Deutschland müssen Psychotherapeuten für Erwachsene entweder Ärzte oder Psychologen sein. Kinder- und Jugendlichen-psychotherapeuten dürfen auch eine andere Grundausbildung mitbringen; sie sind z.B. oft Lehrer oder Sozialpädagogen.
Wie hilft Psychotherapie?
Es gibt im Wesentlichen 5 Wirkfaktoren:
- Therapeutische Beziehung: Die Qualität der Beziehung zwischen dem Psychotherapeuten und dem Patienten / Klienten trägt signifikant zu einem besseren oder schlechteren Therapieergebnis bei
- Ressourcenaktivierung: Die Eigenarten, die die Patienten in die Therapie mitbringen, werden als positive Ressource für das therapeutische Vorgehen genutzt. Das betrifft vorhandene motivationale Bereitschaften, Fähigkeiten und Interessen der Patienten, zudem die Unterstützung aus dem sozialen Umfeld, Möglichkeiten der Kommunikation, des Austauschs
- Problemaktualisierung: Die Probleme, die in der Therapie verändert werden sollen, werden unmittelbar erfahrbar. Das kann z.B. dadurch geschehen, dass Therapeut und Klient reale Situationen aufsuchen, in denen die Probleme auftreten, oder dass sie durch besondere therapeutische Techniken wie intensives Erzählen, Imaginationsübungen, Rollenspiele o.ä. die Probleme erlebnismäßig aktualisieren
- Motivationale Klärung: Die Therapie fördert mit geeigneten Maßnahmen, dass der Patient ein klareres Bewusstsein der Determinanten (Ursprünge, Hintergründe, aufrechterhaltende Faktoren) seines problematischen Erlebens und Verhaltens gewinnt
- Problembewältigung: Die Behandlung unterstützt den Patienten mit bewährten problemspezifischen Maßnahmen (direkt oder indirekt) darin, positive Bewältigungserfahrungen im Umgang mit seinen Problemen zu machen (auch Hilfe zur Selbsthilfe genannt).
Was ist das Ergebnis einer Psychotherapie?
- größere Zufriedenheit: „ich habe etwas erledigt oder erreicht“
- Besserung körperlicher Symptome
- besserer Schlaf
- weniger Anspannung
- Besserung der Stimmung
- weniger negative Gedanken
- weniger Ängste
- besserer Umgang mit Mitmenschen bei Konflikten
Was ist besser: Einzel- oder Gruppentherapie?
In einer Einzel-Psychotherapie
- hat der Patient die Aufmerksamkeit des Therapeuten die ganze Zeit über für sich allein
- die Themen und der Prozess des Patienten können über längere Zeit hinweg in der Therapie verfolgt werden
- lernt der Therapeut den Patienten im Laufe der Zeit im Vergleich zur Gruppentherapie individueller kennen
- bleibt der Patient immer in der Patientenrolle dem Therapeuten gegenüber, d.h. er erlebt sich vorwiegend in den Aspekten seines Lebens, die er nicht so gut allein bewältigen kann
- ist der Ablauf formal und inhaltlich meistens im Vergleich zur Gruppentherapie weniger vorstrukturiert, d.h. es wird mehr prozessorientiert (autodynamisch) gearbeitet
- die Einzelsitzung dauert 50 Minuten
In einer Gruppen-Psychotherapie
- sieht der Teilnehmer mit, wie andere Menschen an ähnlichen Problemen arbeiten wie er selbst
- kann der Teilnehmer sich selbst, die anderen Teilnehmer und die Beziehung zwischen ihnen ohne die üblichen Alltagsmasken erleben
- erlebt sich der Teilnehmer nicht nur als Hilfsbedürftiger, sondern auch in seiner Fähigkeit, den anderen Teilnehmern zu helfen
- hat der Gruppenprozess Aspekte eines Modells einer positiven Gesellschaft:
- er ist ein geschützter, experimenteller Freiraum
- es wird der Tiefendialog über Gefühle und abgewehrte Anteile gefördert
- es werden innere und äußere Konflikte klar und direkt thematisiert, und die Teilnehmer erhalten Unterstützung dabei, sie konstruktiv zu lösen,
- sind bestimmte Übungsstrukturen möglich, die in einer Einzel-Psychotherapie nicht möglich sind:
- die anderen Teilnehmer können als Hilfs-Ich fungieren,
- es kann mit längeren Übungssequenzen gearbeitet werden,
- es kann unmittelbar mit der Gruppendynamik gearbeitet werden,
- der Teilnehmer kann verschiedene Anteile seiner selbst in seinen Beziehungen zu den einzelnen anderen Teilnehmern gespiegelt erleben
- die Gruppensitzung dauert 100 Minuten
- die Teilnehmerzahl liegt zwischen 6 und 8
Für einen intensiven psychotherapeutischen Prozess, der in die Tiefe geht, hat sich eine angemessene Kombination zwischen Einzel-und Gruppen-Psychotherapie am besten bewährt. Seit Mitte 2017 gibt es diese Möglichkeit. Diese Kombination ist für Patienten geeignet, die zwar erkennen, dass eine Gruppentherapie für sie günstig wäre, um Hemmungen besser überwinden, also selbtsbewusster auftreten zu können, die aber starke Gruppenängste haben, was meist mit Ängsten vor der Unbekanntheit der eigenen Identität, d.h. der eigenen Person und ihrer Eigenschaften zu tun hat. Eine Kombinationstherapie kann in unterschiedlichem Setting stattfinden: entweder bei zwei unterschiedlichen Therapeuten, die dann aber zur Therapieplanung miteinander in Kontakt treten und ihre Berichte für die Therapiebegründung und die Therapie-Verlängerungen miteinander abstimmen müssen, oder beim/bei der selben Therapeuten/in.
Die Patienten in der Kombinationstherapie können anfangs gut davon profitieren, dass sie ihr schamvolles Erleben zunächst im Einzelsetting ansprechen und dann mit der Unterstützung des Therapeuten auch in der Gruppe bearbeiten können, was letztlich effektiver ist. In der Regel wird die Kombinationstherapie im Verlauf als alleinige Gruppentherapie weiter- und zu Ende geführt.